Mercedes Abgasskandal – Jetzt Ansprüche durchsetzen
Rund 3 Millionen Fahrer von Mercedes Dieseln können aufgrund unzulässiger Abschalteinrichtungen Schadensersatz geltend machen. Dabei geht es um Funktionen wie das Thermofenster, die Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung und andere. Das KBA hat bereits für weit über eine Millionen Mercedes Diesel Rückrufbescheide an die Daimler AG zugestellt. Das OLG Stuttgart hat einen Spezialsenat ins Leben gerufen, der sich ganz auf den Dieselskandal bei Mercedes konzentrieren wird. Für Oktober 2020 ist zudem das erste Verfahren vor dem BGH terminiert.
Die Chronik des Mercedes Abgasskandals
Im September 2015 wird der Abgasskandal bekannt – zunächst begrenzt auf VW. Neben Fahrzeugen von VW, Seat und Skoda sind auch Audi Diesel betroffen. Schon im Oktober 2015 gibt Audi zu, auch bei den großen 3.0 Liter Motoren geschummelt zu haben – damit wird auch Porsche in den Abgasskandal hineingerissen. Mercedes weist jedoch alle Vorwürfe von sich und stellt in Person von Vorstandschef Dieter Zetsche am 26. September 2015 klar: “Wir halten uns grundsätzlich an die gesetzlichen Vorgaben und haben keinerlei Manipulationen an unseren Fahrzeugen vorgenommen. Ein Defeat Device, sprich eine Funktion, die die Wirksamkeit der Abgasnachbehandlung unzulässig einschränkt, kommt bei Mercedes-Benz nicht zum Einsatz.“ (Aus einem Interview mit der FAZ)
Im April 2016 erreicht der Abgasskandal dann endgültig auch Mercedes. Das Kraftfahrt-Bundesamt stellte laut dem Abschlussbericht der Untersuchungskommission „Volkswagen“ bei dutzenden Modellen von deutschen Herstellern Auffälligkeiten fest. 630.000 Diesel sollen ein freiwilliges Software Update bekommen, darunter auch solche von Mercedes.
Im Schatten von VW, Audi und Porsche wird Daimler zunächst wenig Beachtung geschenkt. Doch das ändert sich mit einem Schlag im Mai 2017. Elf Standorte in Baden-Württemberg, Berlin, Niedersachsen und Sachsen werden im Rahmen einer Razzia durchsucht. Der Verdacht: Betrug und strafbare Werbung im Zusammenhang mit der Manipulation der Abgasnachbehandlung an Diesel-Pkw. Im Juli 2017 werden Inhalte aus dem Durchsuchungsbeschluss bekannt. Über eine Millionen Fahrzeuge soll Daimler manipuliert und in Europa und den USA verkauft haben. Produziert wurden diese zwischen 2008 und 2016. Zum Zeitpunkt der Durchsuchungen stehen nur die Motoren OM 642 und OM 651 im Verdacht, über eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verfügen. Im Februar 2018 gerät dann ganz konkret das Modell Vito mit dem Motor OM622 und der Abgasnorm Euro 6 in Verdacht, über eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verfügen. Unterdessen ermitteln auch amerikanische Behörden gegen Daimler.
Der erste Pflichtrückruf für Mercedes Diesel folgt dann im Mai 2018 – es geht um den Vito, von dem in Deutschland 1.400 Fahrzeuge ein Software-Update bekommen müssen. Laut KBA entsprechen zwei Funktionen der Motorsteuerung nicht den Vorschriften. Doch die Ermittlungen stehen gerade erst am Anfang. Es folgt die erste große Rückrufaktion – 280.000 Mercedes Diesel alleine in Deutschland.
Das PKW Kartell
Parallel zu den Ermittlungen um unzulässige Abschalteinrichtungen, wird auch zum so genannten PKW Kartell ermittelt. Dieses umfasst fünf Autobauer (Daimler, VW, Audi, Porsche und BMW), die bereits seit den 90er Jahren Absprachen getroffen haben sollen, um eine Weiterentwicklung der Abgasreinigung zu verhindern. Durch die Unterdrückung des Wettbewerbs sollten alle Teilnehmer des Kartells Kosten sparen können. Daimler wandte sich als Kronzeuge an die EU-Kommission und deckte den Skandal somit auf. Im April 2019 informierte die EU-Kommission die Autobauer über das Ergebnis ihrer Ermittlungen. Sie sei zu dem Schluss gekommen, dass die Teilnehmer des Autokartells gegen die EU-Kartellvorschriften verstoßen haben. Die großen Automobilhersteller müssen sich seit dem erklären. Aktuellere Informationen zu den Erklärungen der Autobauer und zum weiteren Stand der Ermittlungen durch die EU-Kommission gibt es nicht. Es droht jedoch ein Bußgeld in Milliardenhöhe.
Im Laufe des Jahres 2019 gerät Daimler immer weiter unter Druck. Die KBA Ermittler entdecken mit der Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung die nächste unzulässige Abschalteinrichtung und stellen fest, dass diese im Zuge der freiwilligen Updates durch Daimler entfernt worden ist. Der Eindruck entsteht, dass der Konzern die freiwillige Aktion nutzte, um unter dem Radar und ohne das KBA zu informieren, diese und eventuell sogar noch weitere unzulässige Abschalteinrichtung zu entfernen. Aufgrund der Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung werden 60.000 GLK zurückgerufen. Der Rückrufbescheid für den GLK aus 2019 wird dann im Sommer 2020 erheblich ausgeweitet. Im Juni 2020 kommen ca. 60.000 weitere Fahrzeuge hinzu, darunter die A-, B-, C-, E- und S-Klasse.
Inzwischen beginnen auch die Aktionäre unter dem Abgasskandal zu leiden. Der Konzern spricht eine Gewinnwarnung aus, weil hohe Ausgaben und Rückstellungen für den Dieselskandal die Bilanz drücken. Ebenfalls in 2019 nimmt die juristische Aufarbeitung des Abgasskandals an Fahrt auf. Tausende von Verfahren liegen vor Gerichten. Besonders das Landgericht Stuttgart am Stammsitz von Daimler zeigt sich überfordert von der Klagewelle.
Im September 2019 verhängt die Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen den Daimler Konzern ein Bußgeld in Höhe von 870 Millionen Euro. Das reine Bußgeld macht dabei nur 4 Millionen Euro aus. Die restlichen 866 Millionen Euro verfallen auf die Gewinnabschöpfung. Diese wiederum besteht zum einen aus dem Gewinn aus dem Verkauf der manipulierten Autos und zum anderen aus den Ersparnissen aufgrund der nicht eingesetzten besseren Technik. Vorgeworfen wird dem Konzern dabei die fahrlässige Verletzung der Aufsichtspflicht. So habe es passieren können, dass Diesel Fahrzeuge trotz zu hohem Stickoxidausstoß genehmigt werden können.
Im Oktober 2019 wird bekannt, dass Daimler auch den Sprinter zurückrufen muss und zwar weltweit 260.00 Fahrzeuge (davon in Deutschland 100.000). Auch hier ist die Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung der Übeltäter. Kurz darauf geraten auch die A-Klasse und die B-Klasse in Verruf. Auch sie sollen über eine unzulässige Abschalteinrichtung verfügen.
Im Januar 2020 reichen erste Daimler Aktionäre Klage ein. 219 institutionelle Anleger fordern Schadensersatz in Höhe von zusammen knapp 900 Millionen Euro. Sie werfen dem Konzern vor, seine kapitalmarktrechtlichen Pflichten in Form einer unterlassenen Ad-hoc-Meldung verletzt zu haben und die Aktionäre nicht, bzw. nicht rechtzeitig über die Risiken aufgeklärt zu haben, die mit der Manipulation einhergingen.
Das Oberlandesgericht Stuttgart hat unterdessen in 2020 einen Spezialsenat eingerichtet, der sich voll auf den Dieselskandal bei Mercedes konzentrieren soll. Im Sommer und Spätsommer mehren sich verbraucherfreundliche Reaktionen und Beweisbeschlüsse von Oberlandesgerichten (Stuttgart, Köln, Schleswig) und im September 2020 folgt schließlich das erste Urteil gegen Mercedes von einem OLG. Das OLG Naumburg verurteilt die Daimler AG als erstes Oberlandesgericht zu Schadensersatz im Abgasskandal. Für den 27. Oktober 2020 wurde zudem der Termin für die erste Mercedes Abgasskandal Verhandlung vor dem BGH festgesetzt.
Weiter hohe Zahl an Neuzulassungen von Mercedes Dieselfahrzeugen
2019 war Mercedes gemessen an der Anzahl der neu zugelassenen PKW die zweiterfolgreichste Marke nach VW. Knapp 340.000 Mercedes wurden demnach 2019 neu zugelassen. Etwa die Hälfte davon sind Diesel. Daimler wird sich jedoch in Zukunft ebenso wie andere Hersteller verstärkt auf die Elektromobilität konzentrieren. So werden auch bei Mercedes Plug-in-Hybride mit Diesel-Technik eine stärkere Rolle spielen. Andere Hersteller haben den Diesel bereits komplett aus ihrem Programm gestrichen, wie Porsche. In der Autobranche geht es in Zukunft vermehrt um alternative Antriebe, der Diesel wird wohl weiter an Marktanteil verlieren.
2020 waren in Deutschland etwa 48 Millionen PKW zugelassen, davon immer noch gut ein Drittel Diesel. Daimler-Benz Modelle machten von allen PKW etwa 11% aus (5.450.000).
Rückrufe durch das Kraftfahrt-Bundesamt für Diesel von Mercedes
Spätestens seit 2017 stand auch die Daimler AG im Verdacht, unzulässige Abschalteinrichtungen genutzt zu haben. Ein erster kleiner Rückruf erfolgte im Mai 2018 für den Vito mit dem Motor OM622 und der Abgasnorm 6. Im Sommer 2018 folgte dann der große Knall. Alleine in Deutschland musste Daimler 280.000 Diesel, alle mit der Abgasnorm Euro 6b zurückrufen. Davon betroffen waren etliche Modelle, von der C-Klasse über die E-Klasse bis hin zur G-Klasse, zum Sprinter und zum Vito. Es ging hauptsächlich um die Diesel Motoren OM 642 und OM 651, aber auch die Motoren OM 622 und OM 626 waren Teil dieses Rückrufs.
Eine zweite große Rückrufaktion startete im Sommer 2019, zieht sich aber bis mindestens Sommer 2020 hin. Zunächst war nur der Mercedes GLK betroffen, mit der Abgasnorm Euro 5 und dem Motor OM 651. Später folgten weitere Rückrufe für den Mercedes GLK, sowie solche für die E-Klasse. Im Sommer 2020 wurde dieser Rückrufbescheid dann noch einmal erheblich erweitert. 60.000 weitere Diesel muss die Daimler AG zurückrufen, darunter die A-Klasse und B-Klasse, versehen mit dem Motor OM 640, sowie die C-Klasse, E-Klasse und S-Klasse mit dem Motor OM 651 (jeweils mit der Abgasnorm Euro 5).
Im Herbst 2019 folgte derweil eine dritte große Rückrufwelle. Dieses Mal waren Vans betroffen, speziell der Sprinter, der Viano und der Vito. Insgesamt 260.000 Mercedes Diesel rief die Daimler AG in die Werkstätten zurück. Auch hier ging es um Euro 5 Fahrzeuge mit dem Diesel Motor OM 651.
Die folgende Tabelle zeigt übersichtlich alle Mercedes Modelle, die bisher vom Kraftfahrt-Bundesamt verpflichtend zurückgerufen worden sind. Die Daten des KBA sind allerdings lückenhaft und oft nur mit großer Verspätung einsehbar. So lässt sich erklären, dass diese Tabelle nur etwa 340.000 Diesel Fahrzeuge enthält, wohingegen allgemein bekannt ist, dass der Daimler Konzern seit Beginn des Mercedes Abgasskandals bereits über 600.000 Diesel PKW alleine in Deutschland zurückrufen musste. Weltweit sind sogar schon weit über eine Millionen Fahrzeuge von einem verpflichtenden Rückruf betroffen. Der Abgasskandal hat Mercedes fest im Griff!
Zusätzlich zu den Pflichtrückrufen läuft bereits seit 2017 eine so genannte freiwillige Kundendienstmaßnahme bei Daimler. Diese Service Maßnahme (die Daimler als Ergebnis des Diesel-Gipfels anbietet) umfasst nahezu alle Diesel PKW mit den Euro Abgasnormen Euro 5 und Euro 6b. Insgesamt sind dies etwa 3 Millionen Fahrzeuge. Daimler versucht, im Rahmen der freiwilligen Service Maßnahme so viele Autos wie möglich mit dem Software Update zu versorgen. Denn umso weniger können potentiell Teil eines weiteren Pflichtrückrufs werden. Zeitweise bot der Daimler Konzern gar Gutscheine im Wert von 100 Euro an für jeden Halter eines betroffenen Fahrzeugs, der das Update durchführen ließ. Auch ohne den Kunden Bescheid zu sagen und teilweise entgegen deren Wunsch wird das Update aufgespielt. Die Devise gilt: Kein Mercedes verlässt die Werkstatt ohne Software Update.
Inzwischen wurde ein weiterer Umstand bekannt, der kein gutes Licht auf Mercedes wirft. So bekamen Mercedes Kunden nach dem Software-Update eine Rechnung für das Auffüllen des AdBlue-Tanks. Im Anschreiben an die Kunden war keine Rede davon, dass ein voller AdBlue-Rank notwendig sei, um das Update durchzuführen. Es wurde stattdessen immer wieder darauf hingewiesen, dass die Maßnahme kostenlos sei. So nutzte Mercedes die Gelegenheit, für viel Geld (gegenüber der günstigen Möglichkeit, selbst AdBlue an der Tankstelle nachzufüllen) den Tank ungefragt zu füllen und stellte den Kunden dies anschließend in Rechnung.
Bisher betroffene Motoren von Mercedes im Abgasskandal
Zwei Motoren stehen im Daimler Abgasskandal im Vordergrund. Der OM642 und der OM651. Doch noch einige weitere Motoren sind betroffen.
OM 622
Der Motor OM622 war bereits von Anfang an in den Abgasskandal involviert. Verbaut wurde dieser Motor im Vito, im Vito Tourer und im Marco Polo. Der erste Rückruf überhaupt betraf den Vito, kurz darauf war dieser zudem Teil der ersten großen Rückrufaktion. Betroffen waren Fahrzeuge mit der Abgasnorm Euro 6b und dem Produktionszeitraum 2015-2018. Der Grundmotor wird dabei von Renault produziert, Mercedes übernimmt dann weitere Schritte, wie den Einbau eines veränderten Motorsteuergerätes und der Abgasnachbehandlung.
OM 626
Ähnlich wie mit dem OM622 verhält es sich auch mit dem OM626. Auch dieser Motor stammt von Renault und Mercedes übernimmt nur einzelne, dennoch für die Abgasthematik äußerst wichtige, Bauteile. Der OM626 ist in der C-Klasse verbaut, genauer in den Modellen C 180 BlueTEC, C 180d, C 200 BlueTEC und C 200d. Auch diese waren Teil der ersten Rückrufwelle. Sie verfügten demnach ebenfalls über die Abgasnorm Euro 6b. Produziert wurden sie zwischen 2014 und 2018. Über 11.000 Fahrzeuge musste Mercedes damals zurückrufen.
OM 642
Der OM642 gehört zu den am schwersten in den Abgasskandal verwickelten Mercedes Motoren. So waren zahlreiche Modelle mit diesem Motor Teil der großen Rückrufaktion 2018:
G 350 d – 09/15 – 12/15
E 350 BlueTEC – 02/13 – 12/16
E 350 d (Coupé, Cabrio) – 02/13 – 12/16
ML 350 BlueTEC 4MATIC – 06/12 – 05/15
GL 350 BlueTEC 4MATIC – 06/12 – 05/15
GLE 350d 4MATIC – 07/15 – 11/17
GLS 350d 4MATIC – 07/15 – 11/17
E 300 BlueTEC – 03/13 – 05/16
E 350 BlueTEC 4MATIC – 03/13 – 05/16
E 350 d – 03/16 – 05/17
E 350 d 4MATIC – 03/16 – 05/17
CLS 350 BlueTEC – 03/13 – 01/17
CLS 350 d – 03/13 – 01/17
CLS 350 BlueTEC 4MATIC – 03/13 – 01/17
CLS 350 d 4MATIC – 03/13 – 01/17
S 350 BlueTEC – 07/13 – 01/17
S 350 d – 07/13 – 01/17
S 350 BlueTEC 4MATIC – 07/13 – 01/17
S 350 d 4MATIC – 07/13 – 01/17
Der OM642 ist ein V6 Dieselmotor mit 3.0 Litern Hubraum und zählt damit zu den größeren Motoren. Mercedes verwendet diesen Motor seit 2005. Inzwischen wird er jedoch nach und nach von seinem Nachfolger, dem OM656 abgelöst und nur noch in wenigen neuen Modellen verbaut. Betroffen von dem Rückruf waren Fahrzeuge mit der Abgasnorm Euro 6b.
Der OM642 mit der Abgasnorm Euro 5 verfügt über ein Thermofenster und die Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung, die auch in den Euro 6 Fahrzeugen ohne AdBlue genutzt wird. Zahlreiche Halter konnten deshalb schon Schadensersatz erlangen. In den Euro 6 Fahrzeugen werden dagegen die Funktionen Slipguard, Bit 13, Bit 14 und Bit 15 vermutet, sowie natürlich auch das Thermofenster.
Gerichte sprachen allerdings auch schon für Fahrzeuge mit diesem Motor Schadensersatz zu, die nur über die Abgasnorm Euro 5 verfügten, also noch nicht Teil eines Pflichtrückrufs waren. Die Gerichte hielten auch bei den Euro 5 Dieseln das Thermofenster für eine unzulässige Abschalteinrichtung und sprachen deshalb Schadensersatz zu.
OM 651
Der OM651 ist gleich in mehrfacher Hinsicht vom Abgasskandal betroffen. Zunächst war er einer der Hauptmotoren im ersten großen Rückruf. Betroffen waren hier folgende Fahrzeuge mit der Abgasnorm Euro 6b:
S 300 BlueTEC Hybrid – 12/13 – 09/16
S 300 h – 12/13 – 09/16
ML 250 BlueTEC 4MATIC – 08/11 – 06/15
Vito, Vito Tourer – 09/14 – 05/18
Vito, Vito Tourer – 09/14 – 09/16
GLE 250 d – 07/15 – 05/18
GLE 250 d 4MATIC – 07/15 – 05/17
SLK 250 d – 06/15 – 08/17
SLC 250 d – 06/15 – 08/17
GLK 220 BlueTEC 4MATIC – 06/12 – 05/15
GLK 250 BlueTec 4MATIC – 06/12 – 05/15
C 300 BlueTEC Hybrid – 06/14 – 09/16
C 300 h – 06/14 – 09/16
GLC 220 d 4MATIC – 06/15 – 11/16
GLC 250 d 4MATIC – 06/15 – 11/16
V-Klasse – 03/14 – 05/18
Sprinter – 07/15 – 08/18
Diesem Rückruf folgten aber noch weitere. Denn auch die dritte Rückrufwelle die mit dem GLK begann und mit der C-, E- und S-Klasse weiterging, dreht sich um den OM651. Hierbei geht es allerdings um Euro 5 Diesel.
Beim OM651 handelt es sich um einen Vierzylinder in den Versionen mit 1.8 oder 2.0 Litern Hubraum. Bereits seit 2005 wird der ursprünglich als „Wundermotor“ gefeierte OM651 verbaut. Im OM651 befinden sich gleich mehrere unzulässige Abschalteinrichtungen, darunter in den Euro 5 Modellen (sowie in den Euro 6 Modellen ohne AdBlue) das Thermofenster und die Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung, während in den Euro 6 Modellen mit AdBlue zusätzlich zum Thermofenster die Programme Slipguard, Bit 13, Bit 14 und Bit 15 vermutet werden. Dutzende verbraucherfreundliche Urteile zum OM651 gibt es inzwischen. Darunter sind viele für die von den Rückrufen betroffenen Fahrzeuge, aber auch einige zu Modellen mit der Abgasnorm Euro 5, für die es bisher keinen Pflichtrückruf gibt. Die Gerichte bezeichnen dabei entweder das Thermofenster oder die Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung als unzulässige Abschalteinrichtung und sprechen aus diesem Grund Schadensersatz zu.
OM 640
Der OM640 hat sich erst spät, im Juli 2020, zu den im Abgasskandal betroffenen Mercedes Motoren gesellt. Bekannt wurde die Betroffenheit durch einen weiteren vom KBA angeordneten Rückruf, auch hier aufgrund der Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung. Von diesem sind unter anderem auch mehrere zehntausende Fahrzeuge der A-Klasse und der B-Klasse mit eben diesem Motor OM640 betroffen. In anderen Modellen ist dieser Motor auch nicht verbaut. Er wird zudem seit 2012 nicht mehr in Neufahrzeugen verwendet.
OM 607
Eine ebenfalls eher untergeordnete Rolle spielt der OM607. Einen Pflichtrückruf gibt es für diesen Motor noch nicht, doch wird er bereits seit längerem vom KBA untersucht. Der OM607 wird dabei von Renault produziert (das seinerseits in Frankreich in Verdacht steht, unzulässige Abschalteinrichtungen zu nutzen). Bei Mercedes wird dieser Motor in Modellen der A- und B-Klasse, sowie im Citan, im CLA und im GLA verwendet. Bei Tests waren Fahrzeuge mit diesem Motor bereits mit stark erhöhten Stickoxidwerten aufgefallen, auch ein Thermofenster war festgestellt worden.
Abschalteinrichtungen bei Mercedes im Überblick
Mercedes-Benz hat in seinen Fahrzeugen zahlreiche unzulässige Abschalteinrichtungen verwendet, am bekanntesten darunter sind vermutlich das Thermofenster und die Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung. Doch noch weitere unzulässige Abschalteinrichtungen sind im Mercedes Abgasskandal aufgefallen.
Thermofenster
Das Thermofenster ist vermutlich die im Abgasskandal bekannteste Abschalteinrichtung. Immer wieder befassen sich Gerichte mit der Frage, ob das Thermofenster eine unzulässige Abschalteinrichtung ist oder, wie die Hersteller es einschätzen, eine legale Strategie. Mercedes Fahrzeuge sind dabei längst nicht die einzigen Diesel, die ein Thermofenster nutzen. Wie sich im Laufe des Abgasskandal herausstellte, hat VW das Aufspielen der Software Updates bei Fahrzeugen mit EA189 Motor dazu genutzt, nicht nur die bisherigen unzulässigen Abschalteinrichtungen zu entfernen, sondern in einem Abwasch die Funktionen durch ein Thermofenster zu ersetzen. Auch Volvo nutzt das Thermofenster und bezeichnet es als Industriestandard. Millionen Fahrzeuge nutzen daher diese Strategie.
„Das Thermofenster ist kein fest definierter Begriff, wird aber häufig verwendet, um das Abgasverhalten von Fahrzeugen im Betrieb abhängig von der Außentemperatur zu beschreiben. Ein Thermofenster kann eine unzulässige Abschalteinrichtung darstellen.“
Quelle: KBA (https://www.kba.de/)
Wie funktioniert das Thermofenster?
Bei dem Thermofenster handelt es sich um einen Temperaturrahmen, in dem die Abgasreinigung bestmöglich funktioniert. Außerhalb des von den Herstellern festgelegten Fensters wird die Abgasreinigung heruntergefahren oder sogar ganz abgeschaltet. Die Hersteller verteidigen sich dabei mit dem Argument, dass es außerhalb des von ihnen festgelegten Bereichs zu einer Versottung kommt. Dabei vermischen sich Kohlenwasserstoff, Ruß und Kondenswasser zu einer schleimigen Substanz, die den Motor schädigen kann. Grundsätzlich sind Abschalteinrichtungen, die die Wirkung des Emissionskontrollsystems verringern, laut EG Verordnung Nr. 715/2007 unzulässig. Ausnahmen sind nur in einem engen Rahmen erlaubt, beispielsweise, wenn „die Einrichtung notwendig ist, um den Motor vor Beschädigung oder Unfall zu schützen und um den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten“.
Was sagen die Gerichte zum Thermofenster?
Während die Hersteller also der Meinung sind, sich innerhalb des rechtlichen Rahmens zu bewegen, sehen Verbraucherschützer und immer mehr Gerichte das anders. Das Problem ist der umfangreiche Rahmen des Thermofensters. Bei Daimler endet das Thermofenster bei 10 Grad – herrschen kühlere Temperaturen, wird die Abgasreinigung herunterreguliert. Nun werden in Deutschland im Schnitt nur in drei Monaten des Jahres über 10 Grad erreicht, in nördlichen europäischen Ländern ist es noch viel kälter. Deshalb kann von einer Ausnahme zum Motorschutz nicht die Rede sein. Die Ausnahme sind hier eher die wenigen Zeiträume, in denen die Abgasreinigung korrekt funktioniert! (Auf dem Prüfstand herrschen dagegen 23 Grad – die perfekte Umgebungstemperatur für einen gelungenen und Sauberkeit vortäuschenden Test). So sieht es auch Eleanor Sharpston, die Generalanwältin des Europäischen Gerichtshofes. In ihren Schlussanträgen zum ersten Dieselverfahren vor dem EuGH kam sie zu dem Schluss, dass die EG Verordnung so auszulegen ist, dass der Motor nur vor plötzlich eintretenden Schäden geschützt werden soll, nicht aber vor einer langfristigen Abnutzung. „Nur unmittelbare Beschädigungsrisiken, die die Zuverlässigkeit des Motors beeinträchtigen und eine konkrete Gefahr bei der Lenkung des Fahrzeugs darstellen, können das Vorhandensein einer Abschalteinrichtung rechtfertigen. Das Ziel, den verschließ oder die Verschmutzung des Motors zu verzögern, rechtfertigt nicht den Einsatz einer Abschalteinrichtung.“ Ein Urteil des Gerichts wird noch in 2020 erwartet. In der Regel folgen die Richter den Ausführungen der Generalanwälte. Sollte der EuGH das tun und das Thermofenster für unzulässig erklären, würde sich der Abgasskandal ein weiteres Mal ausweiten.
Es gibt bereits zahlreiche Urteile von Landesgerichten (beispielswiese Stuttgart, Mönchengladbach, Heilbronn und Koblenz) gegen Händler und Hersteller (u. a. Daimler), die aufgrund des Thermofensters Schadensersatz zugesprochen haben, da sie darin eine unzulässige Abschalteinrichtung sehen. Ein entsprechendes EuGH Urteil könnte die Rechtsprechung endgültig zu Gunsten der Verbraucher kippen.
Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung
Im April 2019 wurde bekannt, dass das Kraftfahrt-Bundesamt bereits seit 2018 eine weitere Abschalteinrichtung bei Daimler im Visier hat – die Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung. Auch dies ist eine Abschalteinrichtung, die mutmaßlich im Wesentlichen nur dann funktioniert, wenn sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand befindet. Die Regelung sorgt dafür, dass der gesamte Kühlmittelkreislauf und damit auch das Motoröl sich langsamer erwärmt, als ohne diese Regelung. So werden weniger Stickoxide ausgestoßen. Auf der Straße, ohne den Einsatz, erhöht sich der Ausstoß dagegen. Das KBA hat die Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung als unzulässige Abschalteinrichtung eingestuft und Rückrufbescheide für zehntausende Fahrzeuge verschickt. Einige Gerichte haben Daimler bereits aufgrund dieser Abschalteinrichtung zu Schadensersatz verurteilt. Das betrifft in erster Linie den GLK, aber auch weitere Fahrzeuge mit der Abgasnorm Euro 5 und dem Motor OM651, darunter die C-Klasse, die E-Klasse und die S-Klasse. Mit dem OLG Naumburg verurteilt im September 2020 das erste Oberlandesgericht Mercedes zu Schadensersatz – und zwar aufgrund der Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung.
Slipguard, Bit 13, Bit 14, Bit 15
Daimler nutzte neben dem Thermofenster und der Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung noch weitere unzulässige Abschalteinrichtungen. Sie erkennen anhand verschiedener Parameter, ob sich ein Fahrzeug auf dem Prüfstand befindet und sorgen für diesen Zeitraum für eine optimal funktionierende Abgasreinigung. Sobald das Fahrzeug den Prüfstand verlässt, wird dagegen in den dreckigen Modus geschaltet. Slipguard ist eine Software, die anhand der Geschwindigkeits- und Beschleunigungswerte erkennt, wenn sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand befindet und dann in einen entsprechend „sauberen“ Modus schaltet. Mit Bit 13 wird die Abgasreinigung heruntergefahren, wenn eine bestimmte Menge an Stickoxid ausgestoßen wurden – in etwa die Menge, die bei einem Test auf dem Prüfstand ausgestoßen wird. Bit 14 wiederum arbeitet mit der Zeitnahme. Nach 1.200 Sekunden wird die Abgasreinigung heruntergefahren -der Test auf dem Prüfstand dauert 1.180 Sekunden. Und bei Bit 15 geht es um die Anzahl der gefahrenen Kilometer. Nach 11 Kilometern (was der Länge eines Testzyklus entspricht) wird die Abgasreinigung heruntergefahren.
Probleme mit dem Dieselupdate von Mercedes
Halter von betroffenen Mercedes Modellen werden per Post informiert, wenn ihr Fahrzeug Teil eines Rückrufs im Daimler-Abgasskandal ist. Angeschrieben werden sie dabei sowohl, wenn es um einen verpflichtenden Rückruf geht, als auch bei der freiwilligen Kundendienstmaßnahme. Daher gilt es, das Schreiben genau zu lesen. Einem freiwilligen Aufruf müssen Sie nicht nachkommen. Es drohen Ihnen zunächst keine Folgen, wenn Sie ein solches Schreiben ignorieren. Aber: Gerichte haben bereits Schadensersatz zugesprochen auch bei Fahrzeugen, die bisher nur Teil einer freiwilligen Maßnahme waren. Insofern bedeutet dies, dass Sie einen Schadensersatzanspruch auch dann haben, wenn Ihr Fahrzeug „nur“ im Rahmen einer freiwilligen Maßnahme das Software Update bekommen soll. Da hiervon nahezu alle Euro 5 und Euro 6b Diesel von Mercedes betroffen sind, etwa 3 Millionen Fahrzeuge, haben entsprechend viele Mercedes Fahrer Anspruch auf Schadensersatz.
Einem Pflichtrückruf müssen Sie dagegen nachkommen, sonst droht die Stilllegung des Wagens. Betroffene Modelle bekommen ein Software Update, mit dem die illegale Abschalteinrichtung im Auto entfernt werden soll. Doch so einfach ist es nicht, den Mercedes Dieselskandal hinter sich zu lassen. Denn viele Fahrer haben von negativen Erfahrungen berichtet, die sie mit dem Update machen mussten. In erster Linie geht es um einen erheblichen Mehrverbrauch an AdBlue. Daimler selbst weist zwar in seinen Schreiben darauf hin, dass es zu einem Mehrverbrauch kommen kann. Dieser stellt sich in vielen Fällen jedoch als weitaus erheblicher heraus, als gedacht. Abgesehen davon verspricht Daimler, dass das Update keinerlei negative Auswirkungen auf andere Parameter hat. Fahrer berichten dennoch von einem erhöhten Spritverbrauch und vor allem einer verringerten Motorleistung oder gar Motorschäden und einer geringeren Lebenserwartung vieler Autoteile. So müssen oft AGR Ventile ersetzt werden, nachdem das Update aufgespielt wurde. Daimler ist sich seiner Schuld im Abgasskandal nach wie vor nicht bewusst und übernimmt Reparaturkosten nur, wenn der Kunde nachweisen kann, dass das Update die Ursache war. Doch wie soll so ein Nachweis gelingen? Mercedes Fahrer bleiben daher oft auf ihren Kosten sitzen.
Wertverlust von Dieselfahrzeugen im Abgasskandal
Im Zuge des Abgasskandals haben Millionen von Fahrzeugen an Wert verloren. Dieser Wertverlust ist auf verschiedene Faktoren zurückzuführen. Zunächst einmal sank das Vertrauen der Verbraucher in die Hersteller von Diesel PKW nach Bekanntwerden der ersten Details des Diesel Abgasskandals ganz erheblich. Immer mehr Hersteller schienen immer mehr Diesel Modelle manipuliert zu haben. Kaum einer wollte noch einen Diesel kaufen. Die Standzeiten bei Gebrauchtwagenhändlern verlängerten sich extrem und die Preise, die Verbraucher noch bereit waren, für einen Diesel zu zahlen, sanken erheblich.
Mit den Rückrufen kam schließlich die Frage nach dem Software-Update auf. Wie oben beschrieben gibt es hier zahlreiche unerwünschte „Nebenwirkungen“. Dabei ist noch nicht einmal bewiesen, dass das Software Update den Stickoxidausstoß wirklich senkt. Fahrer berichten dagegen von einem stark erhöhten AdBlue-Verbrauch, von einem ebenfalls gestiegenen Spritverbrauch, von kaputten AGR Ventilen und anderen Verschleißteilen, die vor ihrer Lebenszeit repariert werden müssen. Diesel mit Software Update sind also nicht eben beliebt – auch dies trägt zum Wertverlust bei. Fast noch schlimmer steht es dagegen um Diesel, die kein Software Update bekommen haben, obwohl sie Teil einer Rückrufaktion sind. Denn bei diesen Diesel Fahrzeugen muss man damit rechnen, dass sie stillgelegt werden.
Ein weiterer Faktor, der zum Wertverlust von Diesel Fahrzeugen beiträgt, sind die Fahrverbote. Denn wer will schon ein Auto kaufen, das nicht überall genutzt werden darf? In Stuttgart beispielsweise umfasst das Diesel Fahrverbot die gesamte Stadt (für Euro 4 Diesel) bzw. den Talkessel, sowie Zuffenhausen, Feuerbach und Bad Cannstatt (für Euro 5 Diesel). Entsprechend schlecht lassen sich diese Fahrzeuge in der Stadt verkaufen. Auf die Fahrverbote werden wir im nächsten Absatz noch ausführlicher eingehen.
Fahrverbote für Euro 5 Diesel
Zahlreiche Mercedes Diesel sind von Fahrverboten betroffen. Diese gelten inzwischen in Hamburg, Stuttgart, Berlin und Darmstadt und könnten noch in weiteren Städten eingeführt werden (Mainz soll Anfang 2021 folgen). Wurden die Fahrverbote teilweise zunächst nur für Euro 4 Diesel und schlechter eingeführt, gelten sie inzwischen durchweg auch für Diesel mit der Abgasnorm Euro 5. Entsprechend viele Diesel Fahrer werden von einzelnen Straßen oder, wie im Fall von Stuttgart, gar aus der ganzen Stadt ausgeschlossen. Selbst Fahrverbote für Diesel mit der Abgasnorm Euro 6 sind im Bereich des Möglichen. Die Deutsche Umwelthilfe hatte geklagt, um in dutzenden Städten Fahrverbote einzuführen. In vielen Fällen konnten die Verfahren mit einem Vergleich beendet werden. Die Städte und Länder erklärten sich bereit, Maßnahmen zu ergreifen, um die Luft zu verbessern. Die DUH sah deshalb davon ab, auf Fahrverbote zu bestehen. Doch das hat nicht in allen Städten funktioniert. Einige Verfahren sind zudem noch offen. Hier ist unklar, ob und wann Fahrverbote für Diesel eingeführt werden.
Wer das Fahrverbot ignoriert, dem droht ein Bußgeld. Das ist je nach Stadt unterschiedlich hoch, kann aber mit Gebühren durchaus über 100 Euro erreichen. Kontrolliert wird dabei stichprobenartig. Einige Städte nutzen allerdings auch die Möglichkeit, bei Fahrzeugen, die zum Beispiel aufgrund einer Geschwindigkeitsüberschreitung geblitzt wurden, auch gleich zu prüfen, ob sie überhaupt in die Fahrverbotszone hätten einfahren dürfen. Hier kann dann gleich ein doppeltes Bußgeld auf den Diesel Fahrer zukommen.
In allen Städten gibt es Ausnahmen, beispielsweise für Anwohner, Pendler oder Handwerker. Diese sind jedoch ganz unterschiedlich geregelt, so dass es angebracht ist, sich vorher genau zu informieren. Eine einheitliche Ausnahme bilden Fahrzeuge, die eine Hardware Nachrüstung bekommen haben. Denn auch wenn sich dadurch die Euro Abgasnorm nicht ändert, gilt für diese Fahrzeuge eine Ausnahme – sie dürfen Fahrverbotszonen befahren.
Die Diesel Hardware Nachrüstung
Seit Sommer 2019 hat das Kraftfahrt-Bundesamt nach und nach Systeme für die Hardware-Nachrüstung von betroffenen Fahrzeugen freigegeben. So gibt es inzwischen Freigaben für betroffene Modelle von VW, Audi, BMW, Volvo, Skoda, Seat und Daimler. Neben dem Software Update gilt die Hardware Nachrüstung als vielversprechendste Lösung im Diesel-Skandal.
Die Firma Baumot Technologie GmbH bietet eine Hardware Nachrüstung für folgende Mercedes Modelle an:
A-Klasse
B-Klasse
C-Klasse
CLA
CLA
E-Klasse
GLA
GLK
S-Klasse
SLK
Vito
Viano
Sprinter
Die Firma Dr Ply SCR Technology GmbH bietet die Nachrüstung für die folgenden Modelle an:
A-Klasse
C-Klasse
CLS
E-Klasse
GLK
Jules Verne
Marco Polo
SLK
Sprinter
V-Klasse
Viano
Vito
Die Hardware Nachrüstung ist bisher nur für Euro 5 Modelle verfügbar, die Hersteller arbeiten aber bereits daran, sie auch für weitere Modelle möglich zu machen.
Problematisch bei der Hardware Nachrüstung sind die hohen Kosten. Je nach Hersteller und Modell liegen sie bei 3.000 bis 3.600 Euro. Und es ist keineswegs so, dass die Hersteller diese Kosten automatisch übernehmen, wie man es im Diesel-Abgasskandal erwarten sollte. Einige Hersteller, wie auch die Daimler AG haben angeboten, zumindest einen großen Teil der Kosten zu übernehmen. Bei Daimler können Mercedes Fahrer so bis zu 3.000 Euro für die Hardware Nachrüstung bekommen. Allerdings ist dieser Zuschuss nur für private Halter möglich und das Fahrzeug muss vor dem 02. Oktober 2018 gekauft worden sein. Und: Daimler zahlt den Zuschuss nur an Halter, die in einer der von der Bundesregierung im Dieselskandal um schlechte Luft festgelegten Schwerpunktregionen wohnen. Berlin ist beispielsweise keine solche Schwerpunktregion. Wer also hier wohnt, muss die Hardware Nachrüstung komplett aus eigener Tasche zahlen.
Die Kosten sind also ein großer Nachteil. Ein Vorteil der Hardware Nachrüstung ist, dass Mercedes Fahrer anschließend Fahrverbotszonen befahren dürfen. Zudem konnte bei Messungen nachgewiesen werden, dass die Stickoxidwerte bei Diesel Fahrzeugen mit Hardware Nachrüstung tatsächlich gesunken sind. Die Deutsche Umwelthilfe fordert deshalb die Hardware Nachrüstung umfassend durchzuführen – zahlen sollten im Diesel-Skandal die Hersteller, die die Nachrüstung durch ihre Manipulation überhaupt erst möglich gemacht haben.
Doch wie funktioniert sie eigentlich technisch?
In die Mercedes Fahrzeuge wird unter anderem ein AdBlue Tank und ein Hydrolyse Gerät eingebaut. In diesem Gerät wird das AdBlue zu Ammoniak verdampft. Das Ammoniak ist letztendlich der Stoff, der das Stickoxid in Wasser und Stickstoff umwandelt. Ohne das Hydrolyse Gerät entsteht das Ammoniak aber erst bei Abgastemperaturen von über 200 Grad, die zum Beispiel im langsamen Stadtverkehr nur selten erreicht werden. Dadurch dass nun Ammoniak statt AdBlue dem Abgasstrom zugeführt wird, beginnt die Abgasreinigung bereits bei niedrigeren Temperaturen zu funktionieren. Das Stickoxid wird daher effektiver reduziert.
Welche Modelle sind im Mercedes Dieselskandal betroffen?
Vom Mercedes Abgasskandal ist nahezu die gesamte Dieselflotte der Fahrzeuge mit den Abgasnormen Euro 5 und Euro 6b betroffen. Das zeigt sich alleine dadurch, dass nahezu alle diese Fahrzeuge im Rahmen einer freiwilligen Servicemaßnahme ein Software-Update bekommen sollen. Das sind über 3 Millionen Fahrzeuge.
Bei nahezu allen Dieselfahrzeugen von Daimler, die zwischen 2008 und 2018 für den europäischen Markt produziert wurden ist zu vermuten, dass unzulässige Abschalteinrichtungen verbaut wurden. Mit Installation des Software-Updates sollen diese unzulässigen Abschalteinrichtungen entfernt werden. So kam heraus, dass Daimler im Rahmen der freiwilligen Maßnahme bei den Fahrzeugen die Kühlmittel-Sollwert-Temperaturregelung entfernte – und zwar, bevor das KBA überhaupt darüber informiert war, dass sich eine solche Abschalteinrichtung in den Fahrzeugen befindet. Nachdem das KBA diese dann entdeckte, erklärte es sie für unzulässig und stellte Daimler einen Rückrufbescheid für zehntausende Fahrzeuge aus.
Folgende Modelle sind definitiv vom Mercedes Abgasskandal betroffen:
A-Klasse
C-Klasse
E-Klasse
S-Klasse
CLA
CLS
SLC
SLK
GLC
GLE
GLK
G-Klasse
GL
GLS
ML
V-Klasse
B-Klasse
Vito
Viano
Sprinter
Sowie Wohnmobile und weitere Sondermodelle
Woher weiß ich ob ich betroffen bin?
Sowohl Daimler selbst, als auch das KBA halten sich sehr bedeckt, was die konkrete Betroffenheit im Abgasskandal angeht.
Wenn Sie ein Schreiben vom KBA bzw. von Daimler bekommen mit der Information, dass für Ihr Fahrzeug ein Software-Update bereitsteht, dann müssen Sie davon ausgehen, dass in Ihrem Wagen eine unzulässige Abschalteinrichtung vorhanden ist. Das gilt unabhängig davon, ob es sich um einen Pflichtrückruf handelt oder „nur“ um die freiwillige Kundendienstmaßnahme.
Und wenn eine solche Abschalteinrichtung vorhanden ist, dann haben Sie einen Anspruch auf Schadensersatz. Deshalb – melden Sie sich, wenn Sie ein solches Schreiben bekommen haben. Einer Einladung zur freiwilligen Teilnahme müssen Sie nicht nachkommen, Schadensersatz können Sie dennoch bekommen.
Wie unsere Übersicht zu Mercedes Rückrufen zeigt, ist die Rückruf Datenbank des KBA leider nicht verlässlich. Es fehlen viele wichtige Angaben oder sie werden erst stark verspätet zur Verfügung gestellt. Auch das Tool, das Daimler zur Verfügung stellt, um mit Hilfe der FIN Nummer zu überprüfen, ob das eigene Fahrzeug betroffen ist, funktioniert nicht verlässlich.
Gerne prüfen wir die Betroffenheit Ihres Fahrzeugs, wenn Sie unsicher sind und noch kein Schreiben bekommen haben. Es kann durchaus sein, dass entsprechende Rückrufe schon bekannt sind, die dazu gehörigen Schreiben aber erst später rausgehen.
Ihre rechtlichen Möglichkeiten im Mercedes Abgasskandal
Millionen Dieselfahrer sind alleine in Deutschland vom Mercedes Abgasskandal betroffen. Sie leiden vor allem darunter, dass ihr Fahrzeug einen Wertverlust erlitten hat. Entweder es droht ihnen die Stilllegung des Mercedes oder sie haben mit negativen Nachwirkungen des Software Updates zu kämpfen. All dies nur, weil Daimler mehr Gewinn machen wollte und dafür europäische Gesetze umgangen hat.
Enthält Ihr Mercedes eine illegale Abschalteinrichtung haben Sie einen Anspruch auf Schadensersatz. Sobald Sie ein Schreiben von Daimler bekommen mit der Info, dass für Ihren Diesel ein Software-Update zur Verfügung steht, müssen Sie davon ausgehen, dass eine solche illegale Abschalteinrichtung vorhanden ist. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um einen Pflichtrückruf oder eine freiwillige Maßnahme handelt.
Wehren Sie sich im Abgasskandal und fordern Sie Schadensersatz von Daimler. Immer mehr Gerichte verurteilen die Daimler AG zu Schadensersatz im Abgasskandal. Die meisten positiven Urteile spricht dabei das Landgericht Stuttgart. Positive Urteile gibt es aber auch aus Frankfurt am Mainz, Flensburg, Heilbronn, Karlsruhe, Mönchengladbach, Münster und Potsdam, um nur einige zu nennen. Auf OLG Ebene gibt es einen sehr verbraucherfreundlichen Beschluss vom Oberlandesgericht Köln. Dieses hatte ein Verfahren an das Landgericht Aachen zurück verwiesen mit dem Hinweis, dass ein Sachverständigengutachten eingeholt werden müsse. Es soll klären, ob eine illegale Abschalteinrichtung vorliegt. Bewahrheite sich dies und damit der Vorwurf des Klägers, stehe ihm Schadensersatz zu, so das Gericht.
So bekommen Sie Schadensersatz im Mercedes Abgasskandal
Immer mehr Gerichte sprechen im Abgasskandal von Mercedes Schadensersatz zu. In den allermeisten Fällen berufen sich die Gerichte dabei auf § 826 BGB und werfen Daimler vorsätzliche sittenwidrige Schädigung vor. Das Ergebnis einer solchen erfolgreichen Schadensersatzklage ist in der Regel die Rückabwicklung des Kaufvertrags, also die Rückgabe des manipulierten Mercedes Diesel Zug um Zug gegen Erstattung des Kaufpreises. Die Urteile können jedoch voneinander abweichen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer anzurechnen. Diese wird nach einer festen Formel berechnet, wobei die Gerichte selbst die maximal erwartbare Laufleistung des betroffenen Fahrzeugs festlegen. Pro gefahrenem Kilometer wird dann der berechnete Wert abgezogen. Die Kläger müssen sich diesen Nutzungswertersatz dann auf ihre Schadensersatzzahlung (also den Kaufpreis) anrechnen lassen.
Berechnung der Nutzungsentschädigung:
Gefahrene Kilometer x tatsächlich gezahlter Kaufpreis / maximal erwartbare Laufleistung
Einige Gerichte sprechen zusätzlich zum Schadensersatz deliktische Zinsen nach § 849 BGB zu. Diese werden ab Zahlung des Kaufpreises berechnet und liegen bei 4% des Kaufpreises – pro Jahr. Gerade bei hochwertigen Mercedes Modellen können so sehr hohe zusätzliche Summen erreicht werden. So ist es teilweise möglich, die abgezogene Nutzungsentschädigung wieder auszugleichen.
Für Kläger, die mit ihrem Wagen schon sehr viele Kilometer gefahren sind, bietet sich eine Alternative an. Denn eine Rückabwicklung des Kaufvertrags kann für sie unrentabel werden, wenn die Nutzungsentschädigung für 200.000 oder mehr Kilometer abgezogen wird. Stattdessen können sie den Wagen behalten und zusätzlich einen so genannten kleinen Schadensersatz in Höhe von 20-25% des Kaufpreises einfordern.
Die Alternative: Der Autokredit Widerruf
Die Alternative für viele Betroffene im Mercedes Abgasskandal ist der Autokredit Widerruf. Dieser ist zudem grundsätzlich eine Möglichkeit für alle Autofahrer – egal, ob vom Dieselskandal betroffen oder nicht. Selbst bei Benzinern kann ein Widerruf möglich sein. Voraussetzung hierfür ist, dass der Kreditvertrag Fehler enthält. Das ist in etwa 90% aller Verträge der Fall. Verbraucher werden nicht korrekt über ihr Widerrufsrecht aufgeklärt. Folge davon ist, dass die Widerrufsrist, die normalerweise 14 Tage beträgt, nicht zu laufen beginnt. Somit ist ein Widerruf auch noch Monate oder gar Jahre nach Abschluss des Autokreditvertrags möglich. Wurde Ihnen die Finanzierung vom Autoverkäufer vermittelt, handelt es sich um verbundene Verträge. Wird nach einem Widerruf nun der Autokreditvertrag rückabgewickelt, geschieht dies auch mit dem Kaufvertrag. Sie können Ihren Mercedes-Benz an die Bank zurückgeben und erhalten im Gegenzug alle bereits gezahlten Raten und natürlich auch eine eventuell geleistete Anzahlung erstattet. Für Dieselfahrer, deren Auto unter dem Wertverlust leidet, ist der Widerruf somit eine ideale Möglichkeit, sich zu guten Konditionen vom Fahrzeug zu trennen – selbst, wenn keine unzulässige Abschalteinrichtung vorhanden ist. Wie wir oben gesehen haben, erleiden auch solche Diesel dennoch einen Wertverlust.
Zahlt die Rechtsschutzversicherung?
Im Rahmen einer kostenfreien und unverbindlichen Erstberatung zum Abgasskandal stellen wir auch die Deckungsanfrage bei Ihrer Rechtsschutzversicherung. Auch die Kommunikation mit Ihrer Versicherung übernehmen wir kostenlos. So können wir in fast allen Fällen eine Deckungszusage erreichen. Wichtig ist bei einem Schadensersatzfall, dass der Versicherungsschutz bereits bei Kauf des Fahrzeugs bestand.
Geht es um den Widerruf eines Autokredits sollte der Rechtsschutz zum Zeitpunkt des Widerrufs bestehen. Das betrifft zum Beispiel Fälle, in denen Sie selbst bereits den Vertrag gegenüber der Bank widerrufen haben, diese sich aber weigert, den Widerruf anzuerkennen. Ist ein Widerruf noch nicht erfolgt, kann es möglich sein, noch eine Rechtsschutzversicherung abzuschließen. Bitte sprechen Sie uns an.